Was ist Ethik und wozu braucht man sie?
Jeder hat moralische Vorstellungen – oder: Moral ist menschlich
Moral ist gelebte Ethik – Ethik die Theorie der Moral. Ausgehend von dieser allgemeinen Grundbestimmung gilt dann weiter: Ethik lehren heißt nicht Moral zu predigen, sondern eine Person anzuleiten, das, was sie für gutes oder böses Handeln hält, auf seine Grundsätze und Beurteilungskriterien hin zu reflektieren. Jeder Mensch handelt und beurteilt seine eigenen und fremde Handlungen nach den Maßstäben von gut und böse oder gerecht und ungerecht. Das aber heißt, dass jeder Mensch sich von moralischen Vorstellungen leiten lässt. Wie eine Person bestimmte Handlungsweisen moralisch beurteilt, ist in vielen Fällen erlernt und kann sehr verschieden sein. Aber dass Menschen Handlungen moralisch bewerten, ist ein allgemein menschliches Phänomen. Anders gesagt: Moral hat jeder! Ob´s die richtige ist, muss mit Hilfe der Ethik geprüft werden.
Ethik ist die Wissenschaft der Moral(en)
Ethik treiben heißt nun, diese im Alltag immer schon vorhandenen Vorstellungen von gut und böse, von gerecht und ungerecht auf ihre Verallgemeinerungsfähigkeit, ihre Konsistenz, ihre Kohärenz und ihre Gründe zu befragen: Kann ich wollen, das alle sich so verhalten? Ist es konsistent zu sagen: Wenn es nützlich ist, ist Lügen gut? Ist also moralisch gut, was nützlich ist? Ist es logisch kohärent, die Handlungsregel aufzustellen: Immer wenn du dich in einer bestimmten Situation befindest, sollst du lügen! Wie
begründe ich von mir in Anspruch genommene Vorrechte? Diese Fragen zeigen: Ethik als Theorie moralischer Vorstellungen versucht, mit Hilfe von Vernunft und Einsicht eine Verständigung über individuelle moralische Vorstellungen herzustellen. Dieser Rückgriff auf vernünftige Regeln (z.B. der logischen Konsistenz ethischen Argumentierens) und Methoden (z.B. der Verallgemeinerung) macht die Ethik zu einer Wissenschaft.
Wozu Ethik?
Moralische Vorstellungen sind keine Privatsache. Wer gegen eine ungerechte Behandlung aufbegehrt oder sich gegen einen Betrug zur Wehr setzt, ist ja davon überzeugt, dass andere die Handlungen ebenfalls als Ungerechtigkeit oder Betrug verurteilen würden. Eine Handlung moralisch verurteilen oder aber auch loben heißt aber nichts anderes, als den Anspruch erheben, dass alle vernünftig urteilenden Menschen eine solche Handlung, unabhängig davon, wer sie begeht, und unabhängig davon, wer von der Handlung betroffen ist, diese Handlung als zu vermeiden (moralisch böse) oder zu tun (moralisch gut) qualifizieren würde: Anders gesagt: Moralische Vorstellungen regeln unser Zusammenleben. Wir sind auf gemeinsame Vorstellungen über gut und böse angewiesen, weil wir keine Eremiten sind, sondern in sozialen Verbänden miteinander leben und leben müssen. Das macht Ethik als vernünftige Theorie über differierende moralische Vorstellungen notwendig.
Individualethik – Institutionenethik
Mit manchen Menschen lebe ich eng zusammen – z.B. mit meinem Partner, in meiner Familie –, mit den meisten anderen in nur loser Gemeinschaft – z.B. mit meinen Arbeitskolleginnen oder mit den Menschen in meinem Land oder mit den Menschen auf der Erde. Je nach Nähe oder Ferne der Beziehung gestaltet sich der Anspruch an die Intensität der Übereinkunft in den moralischen Überzeugungen. So dürfte wohl die Übereinkunft in Fragen der persönlichen Treue und Aufrichtigkeit zwischen Lebenspartnern und engen Familienangehörigen oder im Freundeskreis eine ungleich größere oder zumindest grundlegend andere Rolle spielen als innerhalb der Gesellschaft oder gar zwischen Nationen. Relevanz und Ausgestaltung von Einzelnormen und ihrer Kontrolle hängen auch von der Art der Sozialbeziehungen ab. In persönlichen face-to-face-Beziehungen spielt die persönliche Integrität der Akteure eine umso entscheidendere Rolle, je intimer die Beziehung und je verletzlicher einer der Beziehungspartner ist. Bei Interaktionen, in denen sich die Akteure jedoch persönlich weitgehend fremd sind und bleiben und sie sich nur vorübergehend als Repräsentanten von Institutionen begegnen, kommen meist nur recht grobe, institutionenspezifische Handlungsnormen zum Zuge. Von Verkehrspolizisten oder Finanzbeamten wird nichts als ein Handeln nach allgemeinen verkehrsrechtlichen oder steuerrechtlichen Vorschriften erwartet.
Status: work in progress Demnächst geht´s weiter!